17. März 2022

Abra… Abra-Sahara

Der Wind versetzt Berge…

Kein fauler Zauber. Ein Phänomen welches die globalen Zusammenhänge mit „niederschlagender“ Wucht geradezu versinnbildlicht. Der Wind versetzt Berge… und dies nicht nur metaphorisch gesprochen.

Wer kennt sie nicht. Tage an denen es Sand regnet… Tage an denen apokalyptisch anmutende, gelb-rötlich verdunkelnde Schleier, die Welt zu umfangen scheinen?

Für unsere Augen gewöhnlich unsichtbar, sind sie natürlicherweise doch allgegenwärtig… die „mineralischen Feinstaub-Partikel“ in unserer Athmosphäre. Und das gar in unvorstellbarer Dichte.

Sie machen immerhin die Hälfte des gesamten „troposphärischen Aerosols“ und 40% der im Wind transportiert verfrachteten (emitierten) Partikelmasse aus! Bisweilen gesellen sich, wie eben in diesen Tagen wieder, sichtbare Unmengen (Tonnen!) von Sandkörnchen hinzu.

Aber wie kommts?

Im Schatten des Atlasgebirges, werden die Sandkörnchen von Sturmböhen in der Sahara am Boden aufgenommen und in aufsteigenden thermischen Turbulenzen bis in höchste Höhen getragen. Dort können sie über viele Monate im Wind-Lift auf und ab tanzend verbleiben. Gelangen sie in global wirkende Windsysteme kommt es zu einem „Sahara-Ausbruch“. Meist brechen sie mit dem in Äquatornähe entstehenden „Nordost-Passat-Drift“ nach Westen aus, lassen sich über den Atlantik hinweg ins Amazonasbecken oder in die Karibik tragen. Dort rieseln sie schliesslich als wertvoller Regenwald-Dünger über der „Lunge der Erde“ hernieder.

Werden die Sandkörnchen nun aber von heissen „Scirocco-Strömungen“ erfasst, bricht die Sahara quasi aus südöstlicher Richtung über dem Mittelmehr aus. In wenigen Stunden 2500 km weit gegen Europa geschleudert – hoch genug um den massiven Alpenbogen zu überwinden – tauchen sie schliesslich „unsere Welt“ in ihr faszinierend goldenes Zwielicht. Die nicht selten eisenhaltigen „Steinchen“ schlagen sich unter Umständen gar als rötlicher „Blutregen“ über uns nieder.

Einst ragten sie als Bestandteil der Atlas- und Ahaggar-Gebirge dem Himmel empor, eh sie;

durch Wasser ausgewaschen, wohl gar von Gletschereis ausgeschliffen, sicher aber durch klirrende Kälte gesprengt, unter gleissender Hitze ausgezerrt und schliesslich von peitschenden Winden wegerodiert oder über weite Flussnetze weggeschwemmt worden waren. Sie lagerten sich als Sedimente in einem riesigen Süsswassersee ab, welcher hier eine paradisische Welt bedeutet haben muss. Dieses vergessene fruchtbare Land fiel alsbald in der „Kalmenzone“ trocken. Anhaltend glühende Dürren versengten das Grün in kürzester Zeit und der See wurde zu einem steinharten Beckenkonglomerat verbacken. Eine Mondlandschaft unter der sengenden Sonne. Die Strömungen der Passat-Winde frischten nach mehreren Zeitaltern saisonal zu „Wüstenstürmen“ auf und wirbelten seither den staubtrockenen Grund dieses Ofens wieder und wieder durcheinander. Diese Hitze, Verfrachtung und Reibung im heissen Atem saharischer Winde geben bis Heute diesen zerriebenen Ur-Gebirgen ihren vorerst letzten Schliff. Wüstensand. Saharastaub. Die vom Paradies übrig gebliebene karge Glut, eine für unsereins lebensunwirtliche Welt, versank scheinbar auf ewig in ihren eigenen Sandkörnchen… In eben Jenen Gebirgsbrösel welche sich, wie sich diese Tage wieder zeigt, nur allzu gerne „aus dem Staub“ machen und sich vom Winde verweht bis in die Schweiz mitreissen lassen.

Der Wind versetzt Berge…

Lange Rede kurzer Sinn:

Einst als Staub und Sandpartikel in Sedimenten abgelagert, mit organischen Stoffen vermengt, unter unvorstellbaren Drücken und Temperaturschwankungen zu bunten Gesteinen polymerisiert, durch zerstörerische tektonische Kräfte aus der Tiefe gehoben, zu Gebirgen aufgeschoben, von Wetter und Klima-Elementen wiederum erodiert, abgetragen und neuerlich zu Mergel und Sand zermalmt… wurden und werden sie abermals weit weggeschwemmt oder fortgetragen, global in allerlei Böden oder Seebecken aufgefangen und als Zeit-Sedimente abgelagert – wo sie als mineralische Zutat im Grundteig der Entstehung künftiger Gesteinsgenerationen dienen…

„Wer die Steine reden hört

weiß es werden nur Steine bleiben

Wer die Menschen reden hört

weiß es werden nur Steine bleiben…“

Erich Fried

Und damit zurück zum Sahara-Staub;

Dieses „Wunder“ führt uns unmissverständlich vor Augen, dass sich dieses globale unaufhaltsam natürliche Wirken nicht nur auf die mineralischen Aerosolwolken wie bei Sahara-Ausbrüchen beschränken kann. Sondern, dass es sich mit vulkanisch pyroklastischen Wolken, Photometeoren (elekrische Partikel in Nordlichtern) und, fataler weise, auch mit jeder noch so geringen mensch-gemachten Emission – wie durch hemmungs- und achtloses Brandroden, Verschmutzen, Ausbringen von (Ab-)Gasen, Giften oder Strahlungen exakt gleich verhält (…)

Sollte uns das nicht nachdenklich stimmen? Denn;

Der Wind versetzt (eben nicht nur) Berge

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